Im Detail
München ist wie keine andere Stadt mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus verbunden. Aus Münchens antisemitischen und rechtsextremen Kreisen ging nach dem Ersten Weltkrieg die NSDAP hervor, deren Leitfigur Hitler wurde. Einflussreiche Mitglieder des Münchner Bürgertums förderten ihn. Hier wurde sein Putschversuch im November 1923 niedergeschlagen. Wenig später formierte sich die Partei von München aus neu. Im Zuge der Machtübernahme 1933 spielte die Stadt eine Vorreiterrolle bei der Errichtung der Gewaltherrschaft. Ab 1933 entstand am Königsplatz mit dem „Führerbau“, dem „Verwaltungsbau“ und den „Ehrentempeln“ für die beim Putschversuch 1923 getöteten Hitler-Begleiter das erste monumentale Bauensemble des NS-Regimes. Innerhalb von zehn Jahren wuchs die Parteiverwaltung in der Maxvorstadt auf fast 6.000 Beschäftigte an und erstreckte sich auf 68 Gebäude. Der Königsplatz diente als Kulisse des Partei- und Führerkults. Im nahe gelegenen Dachau entstand eines der ersten Konzentrationslager, das zum Modell für das reichsweite Lagersystem wurde. 1938 wurde im direkt neben der Parteizentrale gelegenen „Führerbau“, der heutigen Hochschule für Musik und Theater, das Münchner Abkommen unterzeichnet. Am 9. November 1938 rief Joseph Goebbels im Alten Rathaus zu den Novemberpogromen auf. Bis 1945 blieb München das Zentrum des Parteiapparats.
Das NS-Dokumentationszentrum München befindet sich auf dem Gelände des „Braunen Hauses“, der ehemaligen Parteizentrale der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP).
München, das von den Nationalsozialisten den Titel „Stadt der Bewegung“ erhielt, tat sich mit der Aufarbeitung der eigenen Geschichte und seiner unrühmlichen Rolle lange Zeit sehr schwer. Jahrelangem bürgerschaftlichem Engagement ist es zu verdanken, dass das Dokumentationszentrum diese Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nun am historischen Ort ermöglicht.
Das NS-Dokumentationszentrum ist ein Lern- Und Erinnerungsort. Es versteht sich als ein offenes und lebendiges Haus der Information und Diskussion. Der Geschichte der nationalsozialistischen Diktatur, ihren Ursachen, Ausprägungen und Folgen, widmet das NS-Dokumentationszentrum sich in einer Dauerausstellung. Weitere Aspekte werden in wechselnden Sonderausstellungen thematisiert. Grundprinzip des Ausstellungs- und Bildungskonzeptes ist das Erkennen, Lernen und Verstehen am historischen Ort. Der weiße Kubus setzt dabei bewusst einen architektonischen Kontrapunkt zum klassizistischen Ensemble am Königsplatz und den noch erhaltenen ehemaligen Parteigebäuden in unmittelbarer Nachbarschaft. Durch vielfältige Sichtbezüge wird die geschichtsträchtige Nachbarschaft allerdings in die Ausstellung miteinbezogen. Die Leitfragen, mit denen sich die Dauerausstellung beschäftigt, lauten: „Was hat das mit mir zu tun?“, „Was geht mich das heute noch an?” und besonders auch: „Warum München?“. Sie dokumentiert die Geschichte des Nationalsozialismus in München, die besondere Rolle der Stadt im Terrorsystem der Diktatur und den schwierigen Umgang mit dieser Vergangenheit seit 1945. Die Ausstellung beginnt dabei mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und endet nicht mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945, sondern reicht bis in die Gegenwart. Sie zeigt, wie Gedankengut der nationalsozialistischen Ideologie bis zum heutigen Tage überdauern und wiederaufleben konnte. Die Ausstellung ist zweisprachig auf Deutsch und Englisch konzipiert. Sie ist in vier Hauptabschnitte (Ursprung und Aufstieg der NS-Bewegung 1918-1933; Herrschaft und Gesellschaft im Nationalsozialismus 1933-1939; München und der Krieg 1939-1945; Auseinandersetzung mit der NS-Zeit nach 1945) eingeteilt und umfasst Fotografien, Dokumente und Texte sowie Filmprojektionen und Medienstationen.
Eine Besonderheit des NS-Dokumentationszentrums ist das im 1. Untergeschoss angesiedelte Lernforum. Dabei handelt es sich um eine eigene Ebene, in der die gesamte Dokumentation nochmals an Recherchestationen und Medientischen angesehen und vertieft werden kann. Neben den Ausstellungsinhalten stehen in einem digitalen Lexikon etwa 800 weitere Artikel zu Begriffen, historischen Ereignissen und Personen für die individuelle Recherche bereit. An den vier großformatigen Medientischen sind Informationsvisualisierungen zu zentralen Themenfeldern abrufbar, die nach neuesten wissenschaftlichen Standards entwickelt wurden.
Für eine weitergehende Recherche steht den Besucherinnen und Besuchern außerdem eine Präsenzbibliothek zum Thema zur Verfügung. Eine Auswahl der 1933 am Königsplatz „verbrannten Bücher“ sowie das Original der „Moabiter Sonette“ von Albrecht Haushofer sind zu sehen.
Das Bildungsangebot des NS-Dokumentationszentrums ist zielgruppenorientiert und umfasst Rundgänge, Seminare, Zeitzeugengespräche, Tagungen, Vorträge und vieles mehr. Auch ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm mit Filmvorführungen, Lesungen, Konzerten und Fachvorträgen soll die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus und seinen Verbrechen fördern und die Bedeutung demokratischer Werte hervorheben.
1828–1831
Bau eines Palais in der Brienner Straße 38 (alte Hausnummer) nach Plänen des königlichen Hofbaurats und Eigentümers Jean-Baptiste Métivier.
1876
Der englische Großkaufmann Richard Barlow kauft das Palais.
26. Mai 1930
Erwerb durch den Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Verein e.V. zum Preis von 805.864 Goldmark von Elisabeth Stefanie Barlow, Witwe von Willy Barlow, dem Sohn Richard Barlows.
1930/1931
Umbau zur Parteizentrale der NSDAP nach Vorschlägen Adolf Hitlers und Plänen des Architekten Paul Ludwig Troost.
Seit 1931
Verlegung der Parteizentrale (Reichshauptgeschäftsstelle) der NSDAP in das „Braune Haus“. Vorübergehender Sitz von Büros verschiedener Parteiorganisationen (u.a. SA-Leitung, Oberstes Parteigericht, Reichspressestelle) sowie hochrangiger Parteifunktionäre (u.a. Adolf Hitler, Rudolf Heß und Hans Frank).
Nach 1937
Nach Fertigstellung des „Verwaltungsbaus“ und des „Führerbaus“ dient das „Braune Haus“ u.a. musealen Zwecken. Ab 1937 waren hier auch der „Stellvertreter des Führers“ und sein Stab untergebracht. Ab 1941 lautete die Bezeichnung Parteikanzlei.
7. Januar 1945
Bei einem Luftangriff weitgehende Zerstörung; nur zwei Außenwände bleiben erhalten.
1947
Abriss.
1951
Beseitigung der letzten Trümmer.
2001/02
Münchens Stadtrat fällt die Grundsatzbeschlüsse: Ein NS-Dokumentationszentrum soll im Umfeld des Königsplatzes errichtet werden.
2006
Der Freistaat Bayern erklärt sich bereit, das Grundstück, auf dem bis 1947 das „Braune Haus“ stand, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
9. März 2012
Grundsteinlegung
2014
Fertigstellung des Gebäudes und Beginn der Einrichtung der Dauerausstellung.
30. April 2015
Festakt zur Eröffnung.
1. Mai 2015
Öffnung für das Publikum.