Im Detail
Konzentrationslager Sachsenhausen (1936-1945)
Das im Sommer 1936 von Häftlingen aus den Emslandlagern errichtete KZ Sachsenhausen war die erste Neugründung eines KZ nach der Ernennung des Reichsführers SS Heinrich Himmler zum Chef der Deutschen Polizei im Juli 1936. Als Modell- und Schulungslager der SS und Konzentrationslager in unmittelbarer Nähe der Reichshauptstadt nahm Sachsenhausen eine Sonderstellung im System der nationalsozialistischen Konzentrationslager ein, vor allem nach der Verlegung der Inspektion der Konzentrationslager im deutschen Machtbereich 1938 von Berlin nach Oranienburg.
Zwischen 1936 und 1945 waren im KZ Sachsenhausen mehr als 200.000 Menschen inhaftiert: zunächst politische Gegner des NS-Regimes, dann in immer größerer Zahl Angehörige der von den Nationalsozialisten als rassistisch, biologisch oder sozial minderwertig erklärten Gruppen. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden rund 6000 Juden aus Berlin und anderen Teilen des Deutschen Reiches in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Mit dem Beginn des 2. Weltkrieges am 1. September 1939 wurden zunehmend Bürger der besetzten Staaten Europas in das KZ Sachsenhausen deportiert. Die KZ-Häftlinge mussten in SS-eigenen Betrieben und in rund 100 KZ-Außenlagern für die Rüstungsindustrie Zwangsarbeit leisten. Das in unmittelbarer Nähe des Stammlagers gelegene Strafkommando und spätere KZ-Außenlager Klinkerwerk, wo KZ-Häftlinge die Baumaterialien für Großraumprojekte in Berlin herstellen sollten, war Ort gezielter Morde einzelner Häftlinge oder Häftlingsgruppen. Die größte Massenmordaktion im KZ Sachsenhausen fand zwischen September und November 1941 statt, als die SS mehr als 10.000 sowjetische Kriegsgefangene ermordete.
Insgesamt kamen Zehntausende der Häftlinge des KZ Sachsenhausen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit und Misshandlungen um oder wurden Opfer von systematischen Vernichtungsaktionen der SS. Auf den Todesmärschen nach der Evakuierung des Lagers Ende April 1945 starben noch einmal Tausende von Häftlingen. Etwa 3000 im Lager zurückgebliebene Kranke, Ärzte und Pfleger wurden am 22. April 1945 von russischen und polnischen Einheiten der Roten Armee befreit.
Sowjetisches Speziallager (1945-1950)
Im August 1945 wurde das Speziallager Nr. 7 des sowjetischen Geheimdienstes NKWD aus Weesow (bei Werneuchen) nach Sachsenhausen in den Bereich des ehemaligen KZ-Schutzhaftlagers und -Sonderlagers verlegt. Die meisten Gebäude mit Ausnahme des Krematoriums und der Vernichtungsanlage wurden in derselben Funktion weitergenutzt.
Im Lager waren zumeist untere Funktionäre des NS-Regimes, aber auch politische Missliebige und willkürlich Verhaftete sowie Menschen inhaftiert, die von sowjetischen Militärtribunalen verurteilt worden waren. Ab 1948 war Sachsenhausen als Speziallager Nr. 1 das größte von drei Speziallagern in der sowjetischen Besatzungszone. Im Frühjahr 1950 löste der sowjetische Geheimdienst das Lager auf und übergab es den DDR-Behörden. Bis dahin durchlitten etwa 60.000 Menschen, unter ihnen Männer, Frauen und Kinder, vorwiegend Deutsche, aber auch zahlreiche Ausländer, den von Hunger, Krankheiten und quälender Beschäftigungslosigkeit geprägten Häftlingsalltag. Mehr als 12.000 Häftlinge des Speziallagers starben in dieser Zeit an Hunger und Krankheiten. Sie wurden namenlos und nackt in der Nähe des Lagers in Massengräbern verscharrt.
Nationale Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen (1961-1990)
Nach der jahrelangen Nutzung des Geländes durch die sowjetische Armee, die Kasernierte Volkspolizei und die Nationale Volksarmee der DDR begannen 1958 die Planungen für den Bau der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen. Sie wurde unter starker Beteiligung der Bevölkerung und der Staatsspitze der DDR am 22. April 1961 eingeweiht. Statt für die Erhaltung der noch vorhandenen Originalbauten hatten sich die Planer für eine Denkmalsanlage entschieden, die den „Sieg des Antifaschismus“ symbolisieren sollte und in die lediglich einige bauliche Relikte und Rekonstruktionen einbezogen wurden. Auch in den Museen fand der Widerstandskampf vornehmlich der deutschen Kommunisten stärkere Beachtung als die Verfolgungs- und Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus.
Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
Unter dieser Bezeichnung ist die Gedenkstätte seit Januar 1993 Teil der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, einer gemeinsam von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Brandenburg finanzierten Stiftung öffentlichen Rechts.
Die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen befindet sich seit 1993 in einem umfassenden Prozess der Sanierung und Neugestaltung. Schritt für Schritt werden die noch erhaltenen historischen Gebäude und Relikte des ehemaligen Konzentrationslagers denkmalgerecht saniert. Ein dezentrales Ausstellungskonzept, das zehn kleinere Dauerausstellungen in den authentischen Gebäuden vorsieht, soll die vielschichtige Geschichte des Ortes für die Besucher veranschaulichen. Nach dem Abschluss der Neugestaltung wird die Gedenkstätte Sachsenhausen ein Ort der Trauer und des Gedenkens bleiben, aber sie wird auch ein modernes zeithistorisches Museum sein, das nachwachsenden Generationen ein Kapitel aus der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts vermittelt, das zum kulturellen Gedächtnis der Menschheit gehört.
Die folgenden neuen Dauerausstellungen wurden bereits eröffnet:
Museum "Baracke 38": Die jüdischen Häftlinge des KZ Sachsenhausen 1936-1945 Museum; "Baracke 39": Der 'Alltag' der Häftlinge im KZ Sachsenhausen 1936-1945 Der Zellenbau des KZ Sachsenhausen Museum "Speziallager Nr. 7 / Nr. 1 (1945 bis 1950)"; „Medizin und Verbrechen. Das Krankenrevier des KZ Sachsenhausen 1936-1945“ und „Die Stadt und das Lager. Oranienburg und das KZ Sachsenhausen“.
Die Gedenkstätte versteht sich als „offener Lernort“ und bietet ihren Besuchern eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich mit Hilfe unterschiedlicher Materialien und Medien, allein oder in Gruppen, selbständig oder unter Anleitung, im Überblick, vertieft oder unter besonderer Fragestellungen mit der Geschichte des Ortes zu beschäftigen.
1936/37
Einrichtung des KZ Sachsenhausen
1938- 1945
Inhaftierung von insgesamt 200000 Häftlingen aus etwa 40 Nationen
22. April 1945
Befreiung von 3000 Häftlingen durch die sowjetische und polnische Armee
1945- 1950
Nutzung als größtes Internierungslager der SBZ
1961
Einweihung als Nationale Mahn- und Gedenkstätte der DDR
September 1992
Brandanschlag von Neonazis auf die Baracken 38/39
1993
Beginn der Umgestaltung der "Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen/Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten" nach dem dezentralen Konzept der Zuordnung von bestimmten Gebäuden und Orten zu historischen Ereignissen
1997
Eröffnung des Museums "Baracke 38" mit der Dauerausstellung "Jüdische Häftlinge im KZ Sachsenhausen 1936 bis 1945"
2001
Eröffnung des Museums "Baracke 39" mit der Dauerausstellung "Der 'Alltag' der Häftlinge im KZ Sachsenhausen 1936 bis 1945"
Eröffnung des Museums "Speziallager Nr. 7 / Nr. 1 (1945 bis 1950)