Im Detail
Am 4. September 1939, am Tag nach der Eroberung Tschenstochaus, kam es zu zahlreichen gewalttätigen Übergriffen durch die deutschen Truppen. 150 Menschen wurden erschossen, unter ihnen viele Juden. Im April 1941 wurde ein Ghetto errichtet, in dem 1942 etwa 58.000 Menschen lebten. Im Rahmen der »Aktion Reinhardt«, der systematischen Verfolgung der Juden im Generalgouvernement, einem Teil des besetzten Polen, führten die deutsche Schutzpolizei, die Truppenpolizei, der SS-Sicherheitsdienst und ein ukrainisch-litauisches Bataillon fünf Selektionen durch. Etwa 40.000 Juden wurden in die Vernichtungslager deportiert. Übrig blieb ein »kleines Ghetto«, dessen Bewohner in örtlichen Munitionsfabriken Zwangsarbeit leisten mussten.
Nach der Liquidierung des Ghettos 1943 wurden die wenigen Überlebenden in Baracken bei den Fabriken untergebracht. 1944 kamen die Bewohner anderer Ghettos hinzu, die vor der herannahenden Roten Armee nach Westen verschleppt wurden. Unter den 1.000 bis 2.000 jüdischen Überlebenden, die die Rote Armee am 16. Januar 1945 in Tschenstochau befreite, war auch der 17-jährige Ignatz Bubis, von 1992 bis zu seinem Tod 1999 Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Heute erinnern eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer und ein Denkmal auf dem jüdischen Friedhof an die Exekution der jüdischen
Intellektuellen des «Kleinen Ghettos«.. Den 1942 ermordeten Ghettobewohnern ist seit 1964 ein Denkmal in der Kawia-Strasse gewidmet.
Die südostpolnische Stadt Tschenstochau (heute Czestochowa), ein bedeutender katholischer Wallfahrtsort, hatte 1939 etwa 135.000 Einwohner und eine gut organisierte jüdische Gemeinde mit 28.500 Mitgliedern. Zwischen 1939 und 1945 wurde die jüdische Bevölkerung Tschenstochaus systematisch entrechtet, ghettoisiert, zur Arbeit für die deutsche Kriegswirtschaft gezwungen und in die Vernichtungslager deportiert und ermordet.
Ein Denkmal und eine Gedenktafel erinnern heute an sie.
3. September 1939
Einmarsch der Wehrmacht; Tschenstochau wird Teil des Generalgouvernements. Bei gewalttätigen Übergriffe der deutschen Truppen auf die Zivilbevölkerung sterben 150 Menschen.
9. April 1941
Schaffung des »Großen Ghettos«, in dem bis zu 58.000 Menschen zusammengepfercht werden.
22. September bis 4. Oktober
Mit der »Aktion Reinhardt« beginnt die planvolle Vernichtung der Juden des Generalgouvernements, die in die drei zentralen Vernichtungslager Belzec, Treblinka und Sobibor deportiert werden; 4.000 bis 5.000 Zurückgebliebene werden im »Kleinen Ghetto« zusammengetrieben und zur Zwangsarbeit eingesetzt.
26. bis 30. Juni 1943
Liquidierung des »Kleinen Ghettos«.
Juni 1944
Vor der heranrückenden Roten Armee werden viele Juden aus östlicheren Ghettos unter anderem nach Tschenstochau verschleppt.
17. Januar 1945
Tschenstochau wird von der Roten Armee befreit.
Tschenstochau, 4. September 1939, Männer aus der Strazacka Strasse werden von Wehrmachtangehörigen zusammengetrieben, USHMM
Tschenstochau, 2005, Denkmal auf dem jüdischen Friedhof, SDJE.
Tschenstochau, (o.D.), Gedenktafel für die Opfer der Massenerschießungen im September 1942, SDJE.
Tschenstochau, 4. September, Juden und nicht-jüdische Polen kurz vor der Erchießung, USHMM.