Im Detail
Ab Sommer 1943 wurde das nationalsozialistische Deutschland von ausländischen Ölfeldern weithin abgeschnitten und geriet in eine Ölkrise. Als Folge wurde das südwürttembergische Schieferölprogramm gestartet. Ab September 1944 mussten KZ-Häftlinge des Lagers Schörzingen, eines Außenlagers von Natzweiler-Struthof, zur Ölgewinnung am Nordtrauf der Schwäbischen Alb Ölschiefer abbauen und 10 Schieferölwerke errichten. Das Unternehmen "Wüste" hatte begonnen. Der Aufwand war groß, die Ausbeute gering. Die KZ-Häftlinge des Werkes "Wüste 10" im Eckerwald waren im Lager Schörzingen untergebracht.
Von diesem Lager ist heute nichts mehr erhalten. Nur der nahe, nach Kriegsende angelegte Friedhof und die Tafeln mit den Namen der Opfer geben Zeugnis von den Toten und dem Leid. Geplant für 200 Häftlinge, überstieg die Zahl schon bald 1000 Männer aus allen Teilen Europas; viele waren polnische Widerstandskämpfer und russische Kriegsgefangene. Die Zustände im Lager unter dem Kommandanten Oehler waren verheerend: Permanent unterernährt arbeiteten die Häftlinge oft bis zur Hüfte im Schlamm stehend am Schieferölwerk. Sie hatten keine Kleider zum Wechseln und verbrachten die Nächte zu dritt und zu viert auf einer Pritsche. Schikanen durch die SS waren an der Tagesordnung. Als 1945 die französischen Truppen immer näher rückten, kam es am 17./18. April zur "Evakuierung" des Lagers Schörzingen und die Häftlinge wurden in Richtung Dachau getrieben. Am 23. April flohen die SS-Bewacher in der Nähe von Ostrach, und die zurückgebliebenen Häftlinge waren frei.
Der "Verein Initiative Gedenkstätte Eckerwald" wurde 1987 gegründet, um das Gedenken an das Werk "Wüste 10" und seine Häftlinge Wachzuhalten. Inzwischen ist ein Gedenkpfad durch die Ruinen des Schieferölwerks entstanden, ein Mahnmal ist errichtet worden, und in einer der Anlagen ist eine Dokumentationsstätte untergebracht. Besonders wertvoll für die Recherche und Gedenkstättenarbeit waren Kontakte mit Betroffenen, mit ehemaligen Häftlingen und deren Angehörigen aus Luxemburg, Frankreich, Polen und Norwegen.
September 1944-April 1945:
Aufbau des Schieferölwerks "Wüste 10" im Eckerwald durch KZ-Häftlinge des Lagers Schörzingen, Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof
17./18. April 1945:
"Evakuierung" der Häftlinge in Richtung Dachau wegen Näherrückens von französischen Truppen
23. April 1945:
Flucht der SS-Bewacher und Freiheit für die Häftlinge
Februar 1987:
Gründung des Vereins "Initiative Gedenkstätte Eckerwald"
bis heute:
Anlegen eines Gedenkpfades durch die Ruinen des Schieferölwerks, Errichten eines Mahnmals, Erstellen und Anbringen einer Dokumentationsstätte in einer der Ruinen. Ausgestalltung des Gedenkpfades mit Schaukästen zur weiteren Dokumentation, Vernetzung mit anderen Orten nationalsozialistischer Verbrechen.
Regelmäßige Begegnungen mit Überlebenden und Angehörigen von Opfern aus Frankreich, Luxemburg, Norwegen und Polen. Aufbau eines intensiven freundschaftlichen Netzes mit Kindern und Enkeln von Überlebenden.